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    Beim Jahrestag des Flüchtlingsprojekt sagtLandrat, dass andere Nationalitäten kommen

    Oggelsbeuren, 15.05.2015 (Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung)

    Auf den Tag genau ein Jahr nach der Ankunft der ersten Flüchtlinge in Oggelsbeuren haben Vertreter der Stiftung „Heimat geben“, des Landkreises Biberach und weiterer beteiligter Partner Zwischenbilanz gezogen. Die kleine Feier war zum Austausch gedacht und als Dank für alle, die als Haupt- oder Ehrenamtliche mitgeholfen haben und weiter mithelfen.

    Der Stiftungsvorstand Pater Alfred Tönnis würdigte die Beteiligten namentlich und beschenkte sie mit Rosen. Er schloss alle ein, selbst wenn sie heute nicht mehr aktiv dabei sind: Die Vorgeschichte reiche bis Frühjahr 2011 zurück, was Tönnis anhand einer Liste mit vier Din-A4-Seiten voller offizieller Termine seither illustrierte. „Ich möchte bewusst machen, dass das Projekt von vielen mitgetragen wurde“, sagte er.

    Dicke Bretter gebohrt

    Landrat Heiko Schmid würdigte seinerseits die Hartnäckigkeit von Tönnis, denn dem Start vor einem Jahr seien ein kontroverses Ringen und das Bohren dicker Bretter vorausgegangen. „Ohne Alfred wäre es nicht so weit gekommen“, sagte Schmid und fügte an die Adresse der anderen Anwesenden hinzu: „Aber ohne Sie hätte es nicht funktioniert.“

    Der Landrat kam trotz Terminüberschneidungen persönlich, um „zu würdigen, was Sie alles ein- und aufgebracht haben“. Er rief den Anstieg der Flüchtlingszahlen ins Gedächtnis: 2012 habe der Landkreis 70 Neuankömmlinge unterzubringen gehabt, aktuell seien es 1050 in der vorläufigen Unterbringung „und es werden weitere erwartet“. Das stelle „eine Riesen-Herausforderung dar, die wir nur meistern können, wenn die Leute aufnahmebereit sind“. Er sei froh, dass die Politik überlege, die Verteilung in Europa neu zu regeln, sagte Schmid und fügte hinzu: „Solche Beispiele wie Oggelsbeuren sollten Mut machen.“

    Durch die Willkommenskultur und Betreuung in diesem Projekt werde wettgemacht, was das kleine Dorf den Flüchtlingen nicht bieten könne. Es ist bekannt, dass diese Städte bevorzugen, und Schmid nannte Beispiele aus der Nachbarschaft, wo Flüchtlinge nicht aus dem Bus aussteigen wollten. Hier sei es anders. „Deshalb setzen wir auf Leuchttürme wie Oggelsbeuren, die zeigen, wie es gehen kann.“

    Im Rückblick sei das erste Jahr des Flüchtlingsprojekts ein gutes gewesen. Doch der Landrat blickte auch voraus: Mit dem Jahrestag sei ein Drittel der Zeit vorbei, für die Landkreis, Diözese und Stiftung „Heimat geben“ die Kooperation und Finanzierung verbindlich geregelt haben. 2017 dürfe nicht das Ende sein. Allerdings zupften viele an einem endlichen Ärmel und gesamtgesellschaftlich gesehen sei die „Stimmung fragiler denn je“: Daher wünsche er den Machern in Oggelsbeuren, „dass Sie nicht nachlassen“.

    Schmid kündigte an, dass „wahrscheinlich bald nicht mehr nur syrische Flüchtlinge hier untergebracht werden, sondern auch solche anderer Herkunft“. In Oggelsbeuren gibt es 75 Plätze für Neuankömmlinge aus dem Kontingent des Landkreises und es gebe Debatten, „was der Ort verträgt“. Früher hatte Tönnis angedeutet, dass sich die Stiftung vorstellen könne, im Foyer des ehemaligen Klostergebäudes weitere Unterkünfte zu schaffen. Die Kreisverwaltung habe sich aber zunächst zurückhaltend geäußert.

    Der Oggelsbeurer Ortsvorsteher Ernst Bammert überbrachte Grüße der Gemeinde Attenweiler. Bammert gehört selbst dem Stiftungsrat an. Er sagte, für einen Ort mit 450 Einwohnern sei die Aufnahme von 75 Flüchtlingen eine große Aufgabe: „Aber wir Oggelsbeurer scheuen nichts, wir packen es an.“ Nach kleineren Anfangsschwierigkeiten bestehe jetzt ein gute Verbindung. Die Oggelsbeurer seien es gewohnt, dass hier Menschen lebten, die Hilfe brauchen – früher beherbergte das ehemalige Kloster unter anderem ein Waisenheim und eine Suchtklinik. Gemeint sind übrigens 75 Flüchtlinge gleichzeitig, denn viele sind inzwischen in eigene Wohnungen gezogen und ihre Plätze hier anderweitig belegt worden, sodass hier im ersten Jahr rund 150 Leute eine vorübergehende Heimat gefunden haben.

    Unterschrift Foto: Stiftungsvorstand Pater Alfred Tönnis (rechts) bedankte sich bei den vielen Beteiligten mit einer Rose. Insgesamt wurden noch viel mehr Mitwirkende gewürdigt, als hier im Bild zu sehen sind. Bild: Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung