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    Polizei hat eigene Ermittlungsgruppe gegründet - Weitere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen

    Riedlingen, 21.09.2015 (Bruno Jungwirth, ©Schwäbische Zeitung)

    Nach den Hakenkreuzschmierereien und dem Containerbrand vor der Flüchtlingsunterkunft am frühen Samstagmorgen in Riedlingen ermitteln Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei. Dazu wurde eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet. Derzeit gibt es noch keine konkreten Täter-Hinweise, so die Polizei.

    „Wir ermitteln wegen Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund“, sagt Polizeisprecher Uwe Krause. Der Brand der Container könne nicht losgelöst von den umgedrehten Hakenkreuzen und den Parolen an der Wand betrachtet werden. Derzeit werde jedem Hinweis nachgegangen, die Ermittlungen lauen auf Hochtouren, so Krause. Dass die Hakenkreuze falsch gezeichnet waren, macht für die Strafverfolgung keinen Unterschied: Sie seien als verfassungsfeindliches Symbol klar erkennbar.

    Seit Samstag wurden etliche Vernehmungen durchgeführt. Sowohl die Flüchtlinge wurden befragt, als auch Anwohner. Einige Hinweise hätten sich daraus ergeben. Ob die fünf alkoholisierten Jugendlichen, die gegen 22 Uhr an der Flüchtlingsunterkunft waren und mit den Syrern gesprochen haben, bereits gefunden wurden, wollte Krause nicht sagen: „Weder bestätige noch dementiere ich, dass gegen die Jugendlichen ermittelt wird.“

    Konkret ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Sachbeschädigung durch Brandlegung und wegen der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen, bestätigt Karl-Josef Diehl von der Ravensburger Staatsanwaltschaft. Eine Brandstiftung liege in diesem Falle nicht vor, da keine Gefahr eines Übergreifen des Feuers auf das Haus bestanden habe.

    Dennoch müsste die Sachbeschädigung natürlich im Zusammenhang mit den Parolen und Schmierereien gesehen werden müssten. Ziel der Täter sei es gewesen die Menschen aktiv einzuschüchtern. Wenn die Täter gefasst werden, sind „die Tatumstände dann zu bewerten.“ Für die Sachbeschädigung sieht das Gesetzt ein Strafrahmen vor, der von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe (maximal zwei Jahre) reicht.

    Aus den Vorgängen von Samstagnacht haben Landratsamt und Polizei bereits Konsequenzen gezogen. So wurde der Bewegungsmelder an den Gebäuden bereits installiert, um den Innenhof und die nähere Umgebung in der Nacht auszuleuchten. Auch der Bauzaun hin zum Kindergarten ist bereits errichtet, um das Eindringen in den Hof und die Gebäude zu erschweren. Zudem werde, aufgrund der aktuellen Gefährdungslage, ein privater Sicherheitsdienst in unregelmäßigen Abständen kontrollieren, sagt der Pressesprecher des Landratsamts, Bernd Schwarzendorfer. Auch die Polizei wird künftig, aufgrund der Vorkommnisse, verstärkt Streife fahren und kontrollieren, sagt Bernd Schwarzendorfer.

    „Kein Verständnis“

    Bürgermeister Marcus Schafft, der am Wochenende aus dem Urlaub zurückkam, verurteilt die Vorkommnisse für die Stadt aus Schärfste. „Ich habe dafür weder Verständnis noch Akzeptanz“, so Schafft, der am Sonntag auch im Flüchtlingsheim war. Er sieht darin auch einen Schlag ins Gesicht aller Ehrenamtlichen, die sich um die Flüchtlinge kümmern und sich für diese Menschen einsetzen. Jetzt gelte es auch „Flagge zu zeigen“.

    Dass Riedlingen durch diesen Anschlag in der Öffentlichkeit nun so negativ wahrgenommen wird, bedauert der Bürgermeister sehr. Denn in der Stadt ist vieles richtig gemacht worden. Es gibt einen großen Helferkreis, es gibt viele Engagierte. Und auch im Landkreis werde der richtige Weg gegangen, so Schafft, weil es bisher gelungen sei, keine Notunterkünfte belegen zu müssen: Bislang mussten keine Hallen oder Dorfgemeinschaftshäuser beschlagnahmt werden.

    Asyl sei ein Grundrecht, darüber wolle er nicht diskutieren, so Schafft. Aber aus seiner Sicht kann man sehr wohl über die Lastenverteilung diskutieren. Die Kommunen müssten auch finanziell in die Lage versetzt werden, die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung zu schultern. Und dies müsste mit entsprechenden hauptamtlichen Kräften unterfüttert werden.

    Unterschrift Foto: Die Hakenkreuze sind inzwischen entfernt, die Sprüche übermalt. Auch die Flüchtlinge beteiligten sich daran, die Schmierereien zu entfernen. Bild: Thomas Warnack, ©Schwäbische Zeitung