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    Ökumenische Flüchtlingsarbeit eröffnet Gedenkstätte

    Biberach, 03.10.2016 (Manfred Waldeck, ©Schwäbische Zeitung)

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    Das Boot hat in Biberach angelegt – die Gedenkstätte für Menschen, die auf der Flucht ums Leben gekommen sind, ist am Samstag eingeweiht worden.

    Im Mittelpunkt steht ein hölzernes, auf einer Seite beschädigtes Boot, aus dem ein Brett mit einer aufgemalten Hand ragt, die sich hilfesuchend zum Himmel streckt. Geschaffen wurde es von zwei jungen Künstlern. Die Kunststudentin Melina Braß hatte die Idee dazu. Der angehende Zimmerer Joshua Glaser konnte den handwerklichen Part beisteuern. Angelehnt an das Boot steht ein Bilderrahmen mit einem Text „Auf der Suche nach Geborgenheit, nach Freiheit und nach Frieden“ auf Deutsch, Englisch und Arabisch. Er stammt von dem Flüchtling Musa Sonko und soll die Ängste und Sehnsüchte seiner Schicksalsgenossen zusammenfassen.

    Die Initiative zu der Gedenkstätte ging von der ökumenischen Flüchtlingsarbeit der Diakonie und Caritas aus. Sie ist als Ort der Trauer gedacht für hier lebende Flüchtlinge, die Freunde oder Angehörige verloren haben, erläuterte Lucia Braß von der Caritas-Flüchtlingsarbeit, aber auch für ehrenamtliche Helfer. Die Stadt hatte den Platz zwischen den beiden Friedhöfen an der Memminger Straße angeboten. Die Gedenkstätte steht nun an einem besonderen Ort, erklärte der Biberacher Kulturdezernent Dr. Jörg Riedlbauer: am Rande des so genannten Russenfriedhofs, auf dem russische Zwangsarbeiter ihre letzte Ruhestätte fern ihrer Heimat fanden. Die Gruppe Kankurang hatte die Feier eingeleitet. Die Trommler und Sänger stammen aus Gambia und sind seit acht bis zwölf Monaten in Biberach.

    Pfarrer Matthias Ströhle, im evangelischen Kirchenbezirk federführend für die Flüchtlingsarbeit zuständig, erinnerte daran, dass alle Flüchtlinge ihre Heimat nicht freiwillig verlassen. „Weil ich einfach nur leben will“, habe ihm ein Betroffener auf die Frage nach dem Warum geantwortet. „Es geht um das Leiden und Sterben vieler Menschen auf der Flucht, das uns nicht kalt lassen kann“, mahnte er. Eine besondere Würdigung erhielt die Feier durch den Gesang von Nikola David. Er ist der Kantor der liberalen jüdischen Gemeinde München und extra für die Veranstaltung angereist. David ist im ehemaligen Jugoslawien aufgewachsen und durch seine Ausbildung zum Opernsänger nach Deutschland gekommen. „Ich bin hier gut aufgenommen worden“ erinnerte er sich und er habe den interreligiösen Geist dieser Begegnung deshalb gern unterstützt.

    Der von allen Anwesenden gemeinsam gesungene Song „We shall overcome“ bildete den Schluss der Feier. Andreas Gratz von der Caritas übersetzte den Titel sehr frei mit „Wir schaffen das“.

    Unterschrift Foto: Ort der Trauer über Flüchtlingsschicksale Bild: Manfred Waldeck, ©Schwäbische Zeitung